LEBEN AM LIMIT DI ELIAS MOLITSCHNIG

Hier eine Kurzvorstellung der drei Projekte die wir im Rahmen der Kultur Rad Pfade besichtigen und diskutieren werden.

NEUES WOHNEN AN DER GLAN 

Die Höhenentwicklung der Baukörper kommt der Sonneneinstrahlung insofern entgegen, als diese nach Süden (Glan- Erholungsgebiet) hin niedrig mit ausgezahnter Silhouette – nach Norden aber schützend höher konzipiert ist. Ein ebenfalls höherer Querriegel im Osten schützt die Anlage vor dem Lärm und der Dynamik der Grete-Bittner-Strasse. Alle raumbildenden Querriegel wirken außerdem gegen den Wind entlang des Flusstales.

Es wurde mit Wohnmodellen versucht, den stark im Wandel befindlichen Lebensformen, mit einer großen Anzahl von Kleinwohnungen, aber auch Sonderwohnformen zu entsprechen. (Heimarbeitsplatz, Mehrgenerationenwohnen, Wohngemeinschaft, Wohnassistenz Autark). Um dem Bedürfnis nach „Individualität“ im verdichteten Wohnbau innovativ Rechnung zu tragen, werden 14 verschiedene Grundrisslösungen angeboten. Die meisten Grundrisse sind so gestaltet, dass Tageslicht von zwei Seiten den Wohnbereich erhellt.

Durch die Auszahnung der obersten Geschosse ergeben sich attraktive Dachterrassen. Maßstäblichkeit und Gliederung der Baukörper und ein großzügiges Angebot an Frei- und Grünräumen soll dazu führen, dass die verdichtete Bauweise, als dem Einfamilienhaus gleichwertig, angenommen wird. Der gewellt gestaltete Grünstreifen an der Glan folgt dem Radweg entlang des Flusses. Die lichte Baumpflanzung mit Weide, Esche und Bergahorn erinnert an die ehemalige Aulandschaft.

Es ist Platz für Erholung und Entspannung sowie für Spiel und Bewegung. Der Grünstreifen ist öffentlich nutzbar und wird von der Stadt gepflegt. Private Gärten schließen an die Erdgeschosse an. Vom öffentlichen Grünraum werden sie durch Hecken getrennt. Ein dichtes fußläufiges Wegenetz erschließt die Siedlung von der Grete-Bittner-Strasse bis zum Mühlgang. Breite Wege führen von den Wohnbauten und Radabstellplätzen als Querverbindungen zum Glanradweg. Es entsteht eine willkommene Verbindung zwischen öffentlichen und halböffentlichen Bereichen. Die Bebauung umfasst zwei in ihrer Charakteristik verschieden gestaltete Höfe: Den „Siedlungsplatz“ mit dem Angebot von Spielplätzen (teilw. gedeckt) und einem Gemeinschaftsraum, der im Gegensatz zu dem Zweiten „Gartenhof“ einen größeren Anteil an Pflasterung aufweist. Im Gartenhof sind vermietbare, kleine Gemüsegarten angedacht.

Text: Eva Rubin und Jürgen Wirnsberger


HARBACH 2020

Auszug Wettbewerb: Architekt R. Wetschko Städtebauliches Konzept

Bestimmender Entwurfsansatz des Projektes ist es, ein Wohnquartier mit einer verbindenden homogenen Siedlungsstruktur zu entwickeln. Die Baukörper des westlichen Baufeldes nehmen dabei die Baufluchten des Klosterareals auf. Die Allee, bildet den westlichen Abschluss eines großzügigen trapezförmigen Platzbereiches, der das Zentrum der Anlage bildet. Die im Osten anschließenden Baukörper sind flexibel nutzbar und sollen Versorgungsinfrastruktur, sowie spezielle gemeinschaftliche Wohnformen in räumlicher Nähe zur Diakonie aufnehmen.

Entsprechend den städtebaulichen Rahmenbedingungen, betreffend sowohl das bauliche als auch das landschaftsräumliche Umfeld, wird ein Gesamtkonzept entwickelt. Durch die gewählte Baukörperstellung werden attraktive Außenräume generiert. Der Siedlungskern wird dabei verkehrsfrei gehalten. Baukörperstellung und Höhenentwicklung sind so gewählt, dass möglichst alle Wohnungen über eine gute Orientierung, optimale natürliche Belichtungsverhältnisse und vielfältige Ausblicksmöglichkeiten verfügen. Die offenen Hofstrukturen sind bestimmende Elemente des Konzeptes.

Eine Pufferzone im Süden, mit dem Angebot von Sport- und Grünflächen, vermittelt zur heterogenen kleinmaßstäblichen Bestandsbebauung. Die 4-geschossige Bebauung mit nordseitiger Erschliessungszone entlang der Friedensgasse reagiert auf die Lärmsituation. Das Konzept ermöglicht eine Gliederung in Bauabschnitte entsprechender Größenordnung, sowie eine problemlose schrittweise Realisierung des Projektes. Auch die differenzierte Baukörpergestaltung, was sowohl Baukörperstellung als auch Höhenentwicklung betrifft, trägt zu einem attraktiven Wohnumfeld bei.

Unter dem Motto „Quality Assisted Living for All – Menschengerechte Wohnanlage mit hoher Lebensqualität“ entstand das Konzept für Harbach 2020, einem neu entstehenden Stadtteil im Osten von Klagenfurt. Das Projekt stellt einen innovativen Schritt in Richtung Sozialraumorientierung dar und bietet für die Projektpartner (ausführende Wohnbaugesellschaften, Stadt Klagenfurt, Land Kärnten und Diakonie de La Tour) die Möglichkeit, einen neu entstehenden Stadtteil in Klagenfurt so zu gestalten, dass er den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und Trends gerecht wird. In mehreren Baustufen entstehen gegenüber dem Rektorat der Diakonie de La Tour (Kloster Harbach) im Endausbau bis zu 900 Wohneinheiten für ca. 1.700 Menschen. Die erste Baustufe startet voraussichtlich im Frühjahr 2018 und umfasst rund 150 bis 200 Wohneinheiten für bis zu 400 Bewohner/-innen.

Das neue Wohnkonzept orientiert sich dabei in erster Linie am Sozialraum, wodurch Lebenswelten bzw. -räume so gestaltet werden können, dass Menschen auch in prekären Lebenssituationen zurechtkommen und Hilfsbedürftige länger im gewohnten Umfeld verbleiben können (vgl. Hinte, 2002:668; Früchtel und Budde, 2010:1; Dahme und Wohlfahrt, 2011:148). Sozialräume sind dabei nicht einfach Territorien oder Bauten, in denen sich Menschen aufhalten. Vielmehr geht es um die Möglichkeiten, die für die Menschen in diesen Räumen stecken (vgl. Scheipl, 2008:21). Die Sozialraumorientierung folgt dabei mehreren Prinzipien und Handlungslinien, denen auch in Harbach 2020 Rechnung getragen wird. Dazu zählen:

Orientierung am Willen der Menschen: Ausgangspunkt der Quartiersarbeit sind der Wille und die Interessen der leistungsberechtigten Menschen. Im Mittelpunkt steht dabei die Erkundigung bei den Menschen nach ihren Interessen.

Unterstützung von Eigeninitiative und Selbsthilfe: Aktivierende Tätigkeiten der Menschen zur Erreichung ihrer Ziele haben grundsätzlich Vorrang vor betreuender Tätigkeit durch Professionisten.

Konzentration auf die Ressourcen: Personale und sozialräumliche Umfeld-Ressourcen (z.B. Nachbarschaften, vorhandene Unternehmens- und Dienstleistungsstruktur), die man durch kluge Aktivierung vernetzen kann, spielen bei der Gestaltung von Hilfen eine zentrale Rolle.

Zielgruppen- und bereichsübergreifende Sichtweise: Projekte und Unterstützungs-Arrangements sind in der Regel zielgruppen- und bereichsübergreifend angelegt und regen verschiedene Gruppierungen im Stadtteil zur Beteiligung an.

Kooperation und Koordination: Basis für die Organisation von Einzelhilfen als auch die gestaltende Arbeit im Sozialraum sind Vernetzung und Integration der verschiedenen sozialen Dienste. Über Vernetzungsaktivitäten (z.B. Foren) können im Wohnquartier tätige (professionelle und ehrenamtliche) Akteure/-innen aus verschiedenen Bereichen angeregt werden (vgl. Hinte, 2002:669f).

Im Sinne der Wohnraumdurchmischung werden in Harbach 2020 unterschiedlichste Wohnformen und Größen mit einem hohen Maß an sozialer Integration entstehen. Auch die soziale Durchmischung zwischen Jungfamilien, älteren Menschen, Menschen mit Beeinträchtigungen, Kindern und Jugendlichen oder Alleinerziehenden stellt ein zentrales Element der neuen Wohnanlage dar und folgt damit dem Trend innerhalb gemeinschaftlicher Wohnformen, wonach klassische Wohnformen für bestimmte Gruppen (z.B. Senioren/-innen, behinderte Menschen, etc.) immer weniger gefragt sind (vgl. Geserick et al., 2016:59) . Darüber hinaus wird das neue Quartier auch über Gemeinschaftsrichtungen (z.B. Gemeinschaftsraum für Veranstaltungen) sowie entsprechende Infrastruktur wie etwa Café, Friseur, Arzt oder Nahversorger verfügen, Elemente, die eine Belebung des neuen Stadtteils fördern. Zu den weiteren zentralen Faktoren des neuen Wohnquartierskonzeptes zählen eine hohe Außen- und Freiraumqualität, die Reduktion des Individualverkehrs bei gleichzeitigem Ausbau der E-Mobilität und des öffentlichen Verkehrsnetzes sowie Partizipationsmodelle, die den Mietern/-innen bzw. Eigentümern/-innen ein entsprechendes Maß an Mitsprache bzw. Mitbestimmung ermöglichen.


STUDIENPROJEKT - SOZIALES BAUEN SIEBENHÜGELSIEDLUNG

Bezahlbaren, sicheren und lebenswerten Wohnraum zu schaffen, aber auch zu erhalten und weiterzudenken ist die wichtigste Bauaufgabe.

Wohnen ist essentiell für Menschen und daher untrennbar mit deren Entwicklung verbunden. Das friedvolle Zusammenleben einer zunehmend von heterogenen, ethnischen und kulturell differenzierten Lebensstilen geprägten Gesellschaft, stellt gegenwärtig eine besondere Herausforderung dar. Um ernsthafte Haltungen und Entscheidungen über die Art wie Menschen in Zukunft leben sollen, treffen zu können, ist es den Betreuenden an der FH Kärnten ein besonderes Anliegen ihre Studierenden zu sensibilisieren und interdisziplinär an die Thematik heranführen, um diese komplexen Handlungsfelder zu bearbeiten (ernsthaft lösen zu können).

Die bestehende Wohnanlage in Siebenhügel bietet die besten Voraussetzungen um diese Gedanken weiterzuentwickeln, um schlussendlich konkrete Vorschläge machen zu können wie die Stadt- Verantwortlichen mit dem Quartier künftig umgehen sollen. Dieses Projekt zeigt Lösungsansätze auf und soll einen öffentlichen Diskurs anregen bei dem das Thema vertieft und weitergedacht wird. Das Studienprojekt ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Studiengängen Architektur und Disability & Diversity Studies der Fachhochschule Kärnten und der Stadt Klagenfurt.

Zieldefinition: Denkmuster bei klassischen Sanierungen sprengen - neue Zugänge für ein durchmischtes Miteinander! Definieren die Normen unser Lebensumfeld?

Erarbeiten von Entscheidungsgrundlagen für das Ausmaß

a) der unumgänglichen Änderungen an gegenständlichem Areal & Bausubstanz

b) der wünschenswerten Änderungen

daraus resultierend Konzeption eines Architektur-Vorschlags (vom Städtebau bis ins exemplarische Hochbau-Detail)

Fragestellungen:

Wie findet soziales Leben statt? Bauliche und soziale Umgebung? Partizipative Forschungsmethoden, Was sind die Qualitäten des Quartiers? Ab wann beginnt Architektur- was ist ihre Aufgabe im sozialen Wohnbau? Wie geht man mit Bestand um und welche baulichen Maßnahmen haben wirklich Auswirkung auf unser Lebensumfeld? grundsätzlich: WAS rechtfertigt WELCHEN Eingriff?

Vorgeschichte: Die Stadt Klagenfurt ist Besitzer der Wohnanlage in der Siebenhügelstraße auf der Höhe des Klagenfurter Stadions. Das Quartier wurde in den 50er Jahren erbaut und soll in absehbarer Zeit saniert, neugebaut oder adaptiert werden.

Wir wurden mit der Aufgabe betraut, nach neuen Zugängen zu forschen und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie künftig mit Wohnsituationen dieser Art (kein Einzelfall) umzugehen wäre. In der Vergangenheit wurde das Augenmerk ausschließlich auf technische Vorgaben hinsichtlich Brandschutz, techn. Barrierefreiheit usw. gesetzt und gerade hier gilt es neue vielschichtige Konzepte zu erarbeiten, die neben gewissen techn. Anforderungen und der Machbarkeit vor allem Verbesserungen für ein gutes vielschichtiges Leben miteinander bieten sollen.

Zusammenarbeit mit den FH Studiengängen soziale Arbeit, Disability & Diversity Studies: Die Zusammenarbeit mit den sozialen Studiengängen sind heuer eine erstmalige Chance- in diesem komplexen Handlungsspielraum interdisziplinäre Unterstützung zu erhalten. Diese Form der Zusammenarbeit bietet uns die Möglichkeit über den Tellerrand hinaus zu blicken und neue Strategien und Vorgehensweißen zu erlernen.

Im Wechselspiel können hier die räumlichen sowie sozialen Fähigkeiten angewendet werden und sollen für beide Studienrichtungen einen Mehrwert bieten. Das erreichen aller sozialen Milieus im Vorfeld der Planungen wird in der gegenwertigen Praxis vernachlässigt und bietet die Chance für eine ersthafte Auseinandersetzung mit allen BewohnerInnen des Quartiers.

Betreuende Personen des Projektes mit fächerübergreifenden Inhalten: Alexander Hagner, Susanne Dungs, Elisabeth Leitner, Elias Molitschnig, J.P. Wirnsberger

TEXTE UND MOTIVATION DER LEHRENDEN „VON MOTIVATION UND/ZU PARTIZIPATION“

Das Angebot, im Rahmen der Lehrveranstaltung „Qualitative Designs und Methoden“, am Projekt soziales Bauen mitarbeiten zu können habe ich rasch ergriffen, gibt es doch ein sehr altes und weises Sprichwort das besagt, „was man selbst tun kann, erlernt man sicher“ (vgl. Konfuzius). Die Wissenschaft hat dazu Zahlen geliefert und bestätigt, dass lediglich 5% eines Vortrags erhalten bleiben, auf 20% kommt man bei Hören und Sehen. Sind wir aktiv durch Diskussionen eingebunden, erhöht sich die Merkfähigkeit auf 50%. Hat man aber die Gelegenheit theoretisch Erworbenes in praktisches Handeln umzusetzen, merkt man sich rund 75% (vgl. Scheer 2001). Der Vorteil für die Studierenden wird so rasch klar. Das Projekt, bzw. der Studiengang Architektur, profitiert aber auch durch die Einbindung des DDS-Studiengangs und der Übernahme der sozialwissenschaftlichen Perspektive zum Thema soziales Bauen und so kommt es letztlich zu einer Win-Win-Situation.

Durch das ausgewählte Forschungsdesign und die koordinierte und gemeinsame Vorgehensweise im Forschungsprozess, kommt es zusätzlich zur Einbindung der MieterInnen, die ihre Meinungen, Vorstellungen und Sichtweisen zukünftigen Wohnens in der Siebenhügelsiedlung einbringen konnten.

Der Zugang ins Feld und die Erreichbarkeit der MieterInnen als InterviewpartnerInnen war sowohl die größte Herausforderung im Prozess als auch der Schlüssel für partizipatives Vorgehen. Die Einbindung der betroffenen MieterInnen im Rahmen von Veränderungsprozessen trifft nicht nur den Trend der Zeit, sondern bietet die Möglichkeit einer Begegnung auf Augenhöhe. Mitdenken, Mitreden und Mitgestalten von jenen, die die Siedlung später besiedeln sollen, klingt simpel und selbstverständlich. Ist es aber nicht.

Neben der Verantwortung gegenüber dem Projekt- Auftraggeber kommt durch partizipatives Vorgehen eine weitere und wesentliche Verantwortung gegenüber den Teilnehmenden hinzu: Selbst wenn die Teilnahme der InterviewpartnerInnen freiwillig und ohne Verbindlichkeiten erfolgt, so kommt es dennoch zu einer gewissen Erwartungshaltung, dass das bereitgestellte Wissen und die investierte Zeit nicht vergeblich waren, sondern durch verantwortungsvollen und respektvollen Umgang Berücksichtigung in baulichen Lösungen finden. Diese Verantwortung muss an die Projekt-Auftraggeber weitergegeben werden. Gelingt es dies weiterzutragen, so kann dem Eingangs erwähnten Win-Win, ein drittes Win hinzugefügt werden. Win3 – es möge gelingen und als erfolgreiches Beispiel einen neuen, gemeinsamen Weg eröffnen! (Barbara Hardt- Stremayr)


„VON DER NOTWENDIGKEIT EINES VERANTWORTUNGSVOLLEN UMGANGES MIT EINEM QUARTIER“

Die Art wo und wie wir wohnen, beeinflusst ganz zentral unser gesamtes Lebensumfeld, sagt viel über das Miteinander in der Gesellschaft aus und zeichnet ein Bild von sozialen Strukturen in unseren Städten. Bezahlbaren, sicheren und lebenswerten Wohnraum zu schaffen, aber auch zu erhalten und weiterzudenken, ist die wichtigste Bauaufgabe.

Wohnen ist essentiell für Menschen und daher untrennbar mit deren Entwicklung verbunden. Das friedvolle Zusammenleben in einer zunehmend von differenzierten Lebensstilen geprägten Gesellschaft, stellt gegenwärtig eine besondere Herausforderung dar.

Um ernsthafte Haltungen und Entscheidungen über die Art wie Menschen in Zukunft leben sollen, treffen zu können, ist es den Betreuenden an der FH Kärnten ein besonderes Anliegen ihre Studierenden zu sensibilisieren und interdisziplinär an die Thematik heranzuführen, um diese komplexen Handlungsfelder bearbeiten und ernsthaft lösen zu können.

Dag Hamerskjörd Siedlung - vormals Lager C genannt und heute als Wohnanlage in Siebenhügel bekannt, bietet die besten Voraussetzungen um diese Gedanken weiterzuentwickeln, um schlussendlich konkrete Vorschläge machen zu können wie die Stadt-Verantwortlichen mit dem Quartier künftig umgehen sollen. Die Ausgangssituation zeigt ein in die Jahre gekommenes Wohnquartier im Südwesten der Stadt Klagenfurt. Es ist ein Satellit, eine Bastion von leistbarem, städtischem Wohnraum in einem sehr beliebten und hochpreisigen Stadtteil.

Diese Chance, mit bereits vorhandenen Gebäuden in einer hochwertigen Lage - zu sehr moderaten Preisen - lebenswerten Wohnraum für alle sozialen Milieus anbieten zu können, gilt es aufzugreifen.

Das Problem des ansonsten teuren Grundpreises, der sich allzu oft stark auf die Wohnungsmieten auswirkt, kann ausgeklammert werden. Bei Neubauten diktieren die Gebäudenormen die Standards - im Bestand bietet sich jedoch die Möglichkeit, die Zweckmäßigkeit derer zu hinterfragen und einen sinnvollen Mittelweg vorschlagen zu können. Dabei zeigt sich, dass beispielsweise viele technische Komponenten in den Normen und Gesetzen enthalten sind, dafür aber viele soziale und für das gesellschaftliche Zusammenleben notwendige Komponenten fehlen.

Wie soll also mit dem über die Jahre abgewohnten Quartier umgegangen werden?

Wie sehen zeitgemäße Wohnbebauungen derzeit aus und wo liegt ihr gesellschaftspolitischer Mehrwert?

Was kann gemacht werden und wo liegt die Chance mit den bestehenden Gebäuden umzugehen- aus Sicht der bestehenden Mieterinnen und Mieter?

Gibt es bereits eine Identität im Quartier und soll diese behutsam weitergedacht werden?

Ist ein weiterer Planungsansatz ohne eine Einbindung der Bewohnerinnen der Siedlung überhaupt denkbar und welche Chancen beinhaltet eine partizipative Quartiersentwicklung?

Dieses Projekt ist sicher nicht die Lösung aller Probleme in denen sich der geförderte Wohnbau derzeit befindet, dennoch zeigt es Lösungsansätze auf und soll einen öffentlichen Diskurs anregen, bei dem das Thema vertieft und weitergedacht werden soll. Das Studienprojekt ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Studiengängen Architektur und Disability & Diversity Studies der Fachhochschule Kärnten und der Stadt Klagenfurt.

  (Elias Molitschnig)


„VOM LEBEN AM LIMIT UND ANDERNORTS“

Fast jede Agenda, so ziemlich jeder (europäischen) Stadt, enthält aktuell Sätze wie

„...die Sicherung der bislang vergleichsweisen guten sozialen Durchmischung hat hohe Priorität!“

Während man sich da also einig zu sein scheint, wird es bei der Frage nach dem WIE? schon etwas schwieriger – de facto fehlen hier sogar die Antworten.

Der demographische Wandel, globale Migrationsbewegungen und gleichzeitig ansteigende Arbeitslosigkeit bzw. große strukturelle Änderungen am Arbeitsmarkt bedrohen die wirtschaftliche Existenzgrundlage vieler und gleichzeitig steigen die Kosten für die Schaffung von Wohnraum – nicht zuletzt auch aufgrund von immer neuen Baugesetzen und Normen.

An dieser Stelle taucht dann für gewöhnlich dennoch die Forderung nach „leistbarem Wohnraum“ auf – womit wir allerdings erst recht beim WIE? angelangt sind – denn gerade die selbst auferlegten rechtlichen Rahmenbedingungen verunmöglichen zunehmend die vollinhaltliche Berücksichtigung der StadtbewohnerInnen mit wenig bis keinem Einkommen.

So sieht der praktizierte Umgang mit marginalisierten Gruppen in der gebauten Umwelt leider noch immer völlig trostlos aus: die meisten Sozialprojekte riechen so, fühlen sich so an und schauen so aus. Mangelprojekte für den Mangel zu bauen ist aber ohne jede Hoffnung. werden hingegen Städte und Gebäude völlig absichtlich für ein miteinander generiert, verringert das die Gefahr der Vermehrung dieses hässlichen Rests, der letztlich wieder nur Hässlichkeit hervorbringt.

Was aber können Menschen, die sich hauptberuflich mit dem Bauen befassen, dazu beitragen, dass sich z.B. Szenen wie in den Pariser Vorstädten nicht andernorts wiederholen?

Auch sie müssen sich mit der Soziologie befassen!

Zu viele Begriffe bzw. Trends wie jener der Nachhaltigkeit, jener der Barrierefreiheit und vor allem jener der Sicherheit werden gerade in diesem Kontext bisher völlig fehlinterpretiert vorgeschoben, weil sie Rückhalt in numerischen Größen suchen.

Der praktizierte falsche Umgang mit diesen sehr relevanten Aspekten wirkt sich zwar beim Wohnen für die breite Masse nicht so fatal aus – beim Wohnen für Menschen am Existenzminimum aber wird er zunehmend existentiell.

In die Jahre gekommener günstiger Wohnraum wird so z.B. wegen bautechnischen Mängeln oft abgerissen und neuer kann in der selben räumlichen und vor allem sozialen Qualität nicht mehr ohne erhebliche Mietpreissteigerungen errichtet werden – ein Teufelskreis.

Zumindest im Kontext marginalisierter Gruppen müssen wir daher radikal umdenken – eine willkommene Aufgabe für eine Fachhochschule!

Die einzige fixe Vorgabe an die Studierenden war, die Menschen in den Vordergrund all ihrer Untersuchungen und in Folge all ihrer Vorschläge zu stellen.

Herausgekommen sind dabei vor allem Fragen – zu denen wir in Zukunft andere Antworten werden finden müssen, wenn wir tatsächlich alle in einer Stadt beim Wohnraumangebot berücksichtigen wollen! – oder mit Guiseppe Tomasi di Lampedusa ausgedrückt: „wenn alles bleiben soll, wie es ist, muss sich alles ändern!“

(Alexander Hagner) „


VON OFFENSICHTLICHEM, BEKANNTEM UND DINGEN DIE WIR ANGEHEN MÜSSEN“

Die Schaffung von leistbarem Wohnraum wird in Zukunft eine der Aufgaben sein, die es in unserer „hochentwickelten“ Gesellschaft zu lösen gilt. Die Frage nach welchen Kriterien geförderter Wohnraum zukünftig entstehen soll ist eine Wesentliche. Der derzeitige Fokus auf energetisch optimierte Gebäude(hüllen) und die bauliche Barrierefreiheit stehen im Widerspruch zu „sozialer Barrierefreiheit“ - also einer sinnvollen Durchmischung aller Gesellschaftsschichten wo auch den Ärmsten die freie Wahl des Wohnortes ermöglicht wird.

Diese Entwicklung ist jedoch nicht nur am untersten Ende der Einkommensskala zu spüren - viele Junge müssen aus ihren Heimatorten wegziehen weil sie auf Grund von Spekulationsobjekten (Zweitwohnsitzen in touristischen Lagen) keine adäquate Wohnsituation mehr vorfinden. Die Zersiedelung findet also überall statt - am Land wie in der Stadt. Ortskerne funktionieren nicht mehr - das typische Dorfgasthaus existiert nur mehr in den seltensten Fällen - und Innenstädte stehen leer. Und gleichzeitig wachsen unsere Ränder immer noch weiter - obwohl Kärnten schrumpft…

Wir sollten also in Zukunft das Weiterbauen unserer Städte und Dörfer in den Fokus der Entwicklungen und Förderungen legen, denn nur lebendige Orte schaffen Lebensqualität!

Leider sprechen wir heute immer vom Wohnquartier oder einer Wohnsiedlung, also von etwas abgeschlossenem - auch wir bearbeiten in Siebenhügel mit unseren Studierenden ein sogenanntes Quartier - und finden ebenso eine Art von Abgeschlossenheit/Ausgeschlossenheit vor - und genau diese Art der Entwicklung trägt zur immer größer werdenden Ghettoisierung vor allem in den Städten bei. Die Stadt/das Dorf als Gesamtheit zu denken bietet die Chance viele sonst anfallenden Problematiken, wie Grünraum, Kinderspielplätze, usw. zu verknüpfen und so zu lebendigen Stadtteilen/Dörfern beizutragen.

Neben dem gebauten Raum wird der Umgang mit Stadtbewohnern bzw. zukünftigen Mietern einen wesentlichen Beitrag zum erreichen lebendiger und lebenswerter Orte leisten. Partizipative Prozesse und frühzeitige Einbindung der Nutzer sind bereits erprobte Vorgangsweisen - jedoch werden in Zukunft sowohl die Planer wie auch die Entscheidungsträger eine deutliche Veränderung in der Entstehung von Projekten spüren.

Der Umfang solcher Planungsprozesse sind sicher weit größer als Übliche, jedoch ist von einer ganz anderen Identifikation und Annahme von neuen Orten aber auch neuen Konzepten auszugehen. Der Mensch muss wieder in den Mittelpunkt der Diskussion und Entscheidungsgrundlagen rücken - und neben Wirtschaftlichkeit, Energie, Nachhaltigkeit usw. den selben Stellenwert bekommen. Nur so ist es auch möglich GEMEINSAM Städte/Dörfer weiter zu entwickeln.

Kritisches Denken, hinterfragen von gesellschaftlich anerkannten Schematismen und Neugierde sind die wesentlichen Werkzeuge für angehende ArchitektInnen. Diese und architektonische Qualitäten wie Stadt- und Ortsraum, Außenraum, adäquate Verdichtung, Maßstäblichkeit, Strukturierung usw. sind Themen die wir mit unseren Studierenden diskutieren und wo wir eine Sensiblisierung erreichen wollen - ein Gefühl für massvollen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln - vom Stadtraum bis zum Material - denn letzten Endes geht es um den Menschen!

(Jürgen Wirnsberger)


KULTUR RAD PFADE 2017 DI ELIAS MOLITSCHNIG


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